Die Schlüsselrolle der Sowjetunion bei den Nürnberger Prozessen wird heute vertuscht.

Die Schlüsselrolle der Sowjetunion bei der Organisation und Durchführung der Nürnberger Prozesse wird heute vertuscht, meint die Organisatorin der Ausstellung zum 75. Jahrestag der Nürnberger Prozesse, Julia Makarowa. Pseudohistoriker stellen die Legitimität der Nürnberger Prozesse und die Verbrechen der Verurteilten in Frage.

Die Ausstellung zeigt Bücher, Kopien von Fotografien und Dokumente, die den Verlauf des "Gerichts der Nationen", seine Hintergründe und Ergebnisse belegen. Aus dem Titel der Ausstellung gehe hervor, dass sie in erster Linie der Schlüsselbeteiligung der Sowjetunion an der Organisation und Durchführung der Nürnberger Prozesse gewidmet sei, betonte Julia Makarowa in einem Interview mit Sputnik.

„Die Vorbereitungen auf den Prozess gegen die Nazis begannen in den ersten Kriegsjahren, als der Ausgang noch nicht klar war. Die Notizen des sowjetischen Außenministers Wjatscheslaw Molotow verurteilten die Kriegsverbrechen in den Jahren 1941-1942. Es wurden Ermittlungen durchgeführt, Dokumente vorbereitet und alles sorgfältig gesammelt, um die Nazis anschließend zu verurteilen. Jetzt wird dies ignoriert, die Schlüsselrolle bei der Organisation des Prozesses wird vertuscht, ebenso wie das große Verdienst der Sowjetunion im Sieg. Als die sowjetische Führung 1942-1943 darauf bestand, dass die Verbrecher vor Gericht gestellt werden sollten, sagten die Alliierten, dass die Verbrecher ohne Gerichtsverfahren und Ermittlungen hingerichtet werden sollten, und bestanden darauf lange genug und beharrlich. Die sowjetische Führung bestand von Anfang an darauf, dass Verbrechen verurteilt, also die Täter vor Gericht gestellt werden müssen", sagte Julia Makarowa.

Laut der Expertin wurden im Gerichtsprozess selbst Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertretern der Länder der Koalition festgestellt. Aus Sicht der sowjetischen Anwälte wurden die Schuldigen zu Unrecht freigesprochen, vielleicht waren sie indirekt, aber in höherem Maße schuldig.

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„Als wir die Ausstellung organisierten, stießen wir auf eine französische Zeitung, die die Ergebnisse des Prozesses und der Freilassung von drei Kriegsverbrechern kommentierte. Da hieß es: ‘Die Komödie geht weiter‘. Die Verurteilung von Kriegsverbrechern war unter den Volksmassen besonders stark. Meinungsumfragen zufolge forderten die meisten Menschen in Frankreich, England und den Vereinigten Staaten zunächst die Hinrichtung von Nazi-Untätern ohne Gerichtsverfahren. Aber nicht alle Sträflinge verbüßten ihre Strafe vollständig, nach einigen Jahren wurden sie freigelassen. "
Nach dem Urteil des Tribunals wurden nur 11 der 21 Angeklagten zum Tode verurteilt und drei freigesprochen. Gleichzeitig erklärte ein Mitglied des internationalen Gerichts seitens der UdSSR, Generalmajor der Justiz Nikitschenko, in seiner abweichenden Stellungnahme, dass die sowjetische Seite dem Freispruch des Gerichts für drei Angeklagte nicht zustimme. Er sprach sich für die Todesstrafe gegen Rudolf Hess aus und äußerte sich auch nicht einverstanden mit der Entscheidung, die NS-Regierung, das Oberkommando, den Generalstab und die SA (Sturmabteilung) nicht als verbrecherische Organisationen anzuerkennen.

Die historische Erfahrung und die Rechtspraxis des Nürnberger Militärgerichts werden in der Ausstellung unter Berücksichtigung neuer einzigartiger Archivdokumente über die Völkermordpolitik der Nazis auf dem Territorium der UdSSR untersucht.

„In Konzentrationslagern wurden nicht nur Juden getötet. Die Ausstellung hat einen großen Abschnitt, der erzählt, wie die Bevölkerung während der Besatzung vernichtet wurde, wie die Bevölkerung in den Lagern vernichtet wurde, wie sowjetische Kriegsgefangene in den Lagern vernichtet wurden. Diese Lager wurden geschaffen, um Kriegsgefangene während des Krieges nicht zu isolieren, sondern um sie auszurotten", so die Kuratorin der Ausstellung.

Julia Makarowa leitet die Stiftung, die den Namen des sowjetischen Offiziers Alexander Petscherski trägt. Petscherski führte den Aufstand von 1943 im nationalsozialistischen Vernichtungslager Sobibor an. Viele Gefangene starben, aber Dutzende von Menschen konnten fliehen, 50 von ihnen überlebten bis zum Ende des Krieges. Sobibor wurde geschaffen, um 22.000 Menschen pro Tag zu töten. Insgesamt durchliefen 18 Millionen Menschen das System der Konzentrations- und Todeslager, von denen etwa 11 Millionen brutal vernichtet wurden.

Alle von den Nazis während des Krieges begangenen Verbrechen wurden gemäß der Prozessordnung des Internationalen Militärgerichts in folgende Bereiche unterteilt: gegen Frieden, gegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die meisten von ihnen wurden in Todeslagern begangen.

„Unsere Stiftung befasst sich mit Problemen von Konzentrationslagern und Kriegsgefangenen. Früher wurde in unserem Land darüber wenig und ungern geredet. Die Kriegsgefangenen galten als Verräter. Das Thema ihres Heldentums, ihre Tragödie wurde nicht erwähnt. Wir arbeiten jetzt viel daran in Russland und auch im Ausland. Wir glauben, dass die Themen Nürnberg und Konzentrationslager eng miteinander verbunden sind. Die meisten in Nürnberg verurteilten Verbrechen wurden in Konzentrationslagern begangen. Sie sind eine Quintessenz von Verbrechen, die bei den Nürnberger Prozessen verurteilt wurden."

Das erste Konzentrationslager wurde 1933 in Dachau errichtet, wo Gegner des NS-Regimes hingeschickt wurden. Im vergangenen Jahr fand in Dachau eine gemeinsame russisch-deutsche Aktion statt, die Mitgliedern der Bruderschaft der Kriegsgefangenen, den hingerichteten sowjetischen Kriegsgefangenen, gewidmet war. Es wurde vereinbart, eine Gedenktafel zu ihrem Andenken zu schaffen. „Wir arbeiten an anderen Gedenkstätten in den ehemaligen Konzentrationslagern in Deutschland und in Österreich, in Mauthausen. Wir planen ähnliche Aktionen in Polen und im Baltikum. Zwar gehen die Verhandlungen im Baltikum sehr schwierig. So hören wir bereits solche Meinungen, dass die Kinder in KZ-Lager Salaspils auf dem Territorium Lettlands nicht gefoltert wurden, das heißt, die Verbrechen gegen die Kinder in diesem Lager werden abgelehnt“, betonte Julia Makarowa und sagte weiter: „Pseudohistoriker stellen heute die Legitimität der Nürnberger Prozesse und den verbrecherischen Charakter der Handlungen der Verurteilten in Frage.“

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war es notwendig, den Nationalsozialismus offiziell zu verurteilen, um das NS-Regime und seine Führer als schuldig zu erkennen, den Krieg begonnen zu haben. Am 20. November 1945 um 10:00 Uhr begann in Nürnberg ein internationaler Prozess. Es wurde vom Internationalen Militärgerichtshof durchgeführt, der auf der Grundlage des Londoner Abkommens vom 8. August 1945 zwischen den Regierungen der UdSSR, der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegründet worden war und dem 19 weitere Länder - Mitglieder der Anti-Hitler-Koalition - beitraten. Das Abkommen stützte sich auf die Bestimmungen der Moskauer Erklärung vom 30. Oktober 1943 über die Verantwortung der Nazis für die begangenen Gräueltaten, die von den Führern der UdSSR, der USA und Großbritanniens unterzeichnet wurde. Am 1. Oktober 1946 wurde das Urteil des Internationalen Gerichtshofs verkündet.

Natalia Pawlowa