Am 5. August 1946 teilten die Behörden in Stuttgart mit, dass Adolf Hitler kein Ehrenbürger ihrer Stadt mehr ist.
Der Persönlichkeitskult Hitlers in Deutschland war weit verbreitet. Den ersten Ehrenbürgertitel bekam Hitler am 26. Februar 1932 von der Stadt Coburg. Die Ironie der Geschichte besteht darin, dass der Führer gerade an diesem Tag erst deutscher Staatsbürger wurde.
Fast alle deutschen und österreichischen Städte machten Hitler zu ihrem Ehrenbürger. Eine Ausnahme war nur Wien – Hitler selbst wollte diesen Titel nicht.
Nach Hitler wurde die Hauptstraße bzw. Hauptplatz in jeder Stadt auf Anordnung des Innenministeriums benannt. Zudem wurden nach ihm Brücken und Stadien benannt. Auf zahlreichen Plakaten und Briefmarken war er im Harnisch als Siegfried abgebildet. Als während der Nazis-Tagungen zwischen den Wolken die Sonne schien, schrie die Menschenmenge – der Führer blickt auf uns! Selbst im zerstörten und von Niederlage deprimierten Land löste die Mitteilung über den Tod Hitlers am 30. April 1945 eine Selbstmordwelle aus.
Nach dem Krieg entstand ein Rechtsfall. Laut der Anordnung des Kontrollrats der Alliierten war die Aufhebung der Ehrenstaatsbürgerschaft für Kriegsverbrecher obligatorisch. Doch Hitler wurde nicht vor Gericht gestellt und galt deswegen nicht als Kriegsverbrecher. Die lokalen Behörden vieler Städte erkannten ihm diesen Status nicht an, und argumentierten, dass die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod automatisch aufhört. Streitigkeiten zu diesem Thema dauerten bis ins 21. Jahrhundert an.
In Stuttgart wurde der Beschluss über die Annullierung der Ehrenbürgerwürde auf typische Weise getroffen – via Abstimmung des Stadtrats. Doch oft wurden diese Beschlüsse unter verstärktem Druck der Besatzungsbehörden getroffen – Briten, Amerikaner, Franzosen und Sowjets waren sich bei dieser Frage einig. Die Entnazifizierung der Deutschen dauerte noch sehr lange.
Quelle: Heck, Alfons (2001) [1985]. A Child of Hitler: Germany In The Days When God Wore A Swastika.