Am 30. Juli 1946 beginnt ein Gerichtsverfahren im Militärkollegium des Obersten Gerichts der Sowjetunion mit dem Vorsitzenden W. Ulrich und den Kollegiumsmitgliedern F. Karawajkow und G. Danilow gegen den ehemaligen sowjetischen General Andrej Wlassow und seine Mitstreiter.

Anklagepunkte sind:

  1. Verübung von Terroranschlägen gegen Vertreter der sowjetischen Regierung bzw. revolutionären und Arbeiterparteien, Bauernorganisationen und Teilnahme an der Ausübung von Terroranschlägen, auch durch Personen, die nicht den Anti-Revolutions-Organisationen angehören (Artikel 58-8 StGB der RSFSR)
  2. Zerstörung bzw. Beschädigung zu antirevolutionären Zwecken mittels Explosion, Brandstiftung bzw. sonstigen Mitteln einer Eisenbahn oder anderen Verkehrsmitteln, Kommunikationsmitteln, Wasserleitung, Lagern und anderen Einrichtungen bzw. staatlichen oder öffentlichen Eigentums (Artikel 58-9 StGB der RSFSR)
  3. Antisowjetische Agitation und Propaganda (Artikel 58-10 T.2 StGB der RSFSR)
  4. Verschiedene organisatorischen Tätigkeiten, die auf die Vorbereitung bzw. Ausübung der Verbrechen bzw. Teilnahme an einer Organisation, die zur Vorbereitung bzw. Ausübung eines der Verbrechen, die durch den vorliegenden Artikel vorgesehen sind, gebildet wurde, gerichtet sind (Artikel 58-11 StGB der RSFSR)
  5. Staatsverrat durch Militärpersonal (Artikel 58-1b StGB der RSFSR)

Der sowjetische Feldherr Andrej Wlassow wechselte auf die Seite Hitler-Deutschlands. Er geriet 1942 in deutsche Gefangenschaft nach der Einkesselung und Zerschlagung der 2. Angriffsarmee, die von ihm geleitet wurde. Er kollaborierte mit den Behörden des Dritten Reichs, übernahm die Leitung der Russischen Befreiungsarmee sowie der Russischen Befreiungsbewegung und der Kommission zur Befreiung der Völker Russlands  (1944 bis 1945). 1945 wurde er von sowjetischen Truppen gefangen genommen.

Nach dem Abschluss des Gerichtsprozesses wurden die Angeklagten als „Agenten der deutschen Aufklärung, die eine aktive Spionage, Diversions- und Terrortätigkeiten gegen die Sowjetunion durchführten“ eingestuft.

Darüber hinaus wurde gegen alle Angeklagte der Erlass des Präsidiums des Obersten Rats der Sowjetunion Nr. 39 vom 19. April 1943 „Über Strafmaßnahmen für deutsch-faschistische Schurken, die des Mordes und der Misshandlung der sowjetischen Zivilbevölkerung und gefangener Rotarmisten schuldig sind, für Spione, Staatsverräter aus der sowjetischen Bevölkerung und ihren Komplizen“ angewendet.

 

Quelle: General Wlassow. Die Geschichte eines Verrats. In zwei Bänden: - M., 2015.