Am 26. Juni 1946 klaute ein Pilot der Kuomintang-Armee auf einem Stützpunkt in Chengdu einen amerikanischen Bomber des Typs B-24m Liberator und landete in der Stadt Ya’nan, die von den Kommunisten kontrolliert wurde. In Ya’nan wurde der Pilot Liu Shangfeng wie ein Held empfangen. Die kommunistischen Zeitungen begannen eine große Propagandakampagne. Der Überläufer wurde ausgezeichnet und zum Vizeleiter einer Fliegerschule ernannt. Während eines Luftangriffs von Mustang-Flugzeugen der Kuomintang-Kräfte auf den Flugplatz war die entführte Maschine beschädigt worden. Die Kommunisten wollten die Maschine nicht mehr reparieren. Die Aktion des chinesischen Piloten war der Auftakt einer ganzen Reihe von ähnlichen internationalen Präzedenzfällen.

Ende 1948 bzw. Anfang 1949 landeten auf dem Flugplatz Nanyuan zwei weitere entführte B-24m-Maschinen. Die Kommunisten konnten sie jedoch nie einsetzen wegen Mangels an Ersatzteilen.

Zwischen Mitte 1946 und dem 1. Oktober 1949 kam es zu weiteren 22 Fällen, als Kuomintang-Piloten mit ihre Flugzeigen auf die Seite der Kommunisten wechselten. Insgesamt waren es 62 Überläufer: Piloten, Soldaten und Offiziere und Techniker, die die Flugplätze bedienten. Alle Überläufer arbeiteten künftig intensiv an der Entwicklung der Luftstreitkräfte der Volksrepublik. Es gab aber auch Überläufer in die Gegenrichtung: Am 20. September 1949 wurde eine Douglas C-47 der 104. Fliegerstaffel entführt, und die Piloten wurden gezwungen, auf dem gegnerischen Territorium zu landen.

Später kam es häufiger zu Entführungen von Militärflugzeugen: Am 21. September 1953 flüchtete nordkoreanische Militärpilot No Kum-sok am Steuer einer sowjetischen MiG-15 nach Südkorea. Alle seine Verwandten und Kameraden, die in Nordkorea geblieben waren, wurden hingerichtet. Am 11. November 1965 landete am „Chiang-Kai-shek“-Flughafen eine chinesische Il-28 der chinesischen Luftstreitkräfte mit dem Hauptmann Lee Xiangbing am Steuer, der dafür mit 100 Kilogramm Gold belohnt wurde. Der irakische Pilot Munir Redfa flüchtete am 15. August 1966 mit einer MiG-21 nach Israel. Und am 6. September 1976 flüchtete der sowjetische Pilot, Oberleutnant Viktor Belenko, am Steuer einer MiG-25P vom Flugplatz Sokolowka (Fernöstliche Küstenregion) nach Hakodate (Japan).

 

Quelle: Barron, John. MiG Pilot: the Final Escape of Lt. Belenko.  N.Y.: McGraw-Hill, 1980.