Am 23. Juni 1946 ernannte die Nationalversammlung George Bidault zum Ministerpräsidenten der Provisorischen Regierung. Seine Aufgabe war es, die Zügel beim Entstehen der Vierten Republik in der Hand zu halten, bis ein neues Parlament gewählt und eine neue Regierung ernannt wird.

George Augustin Bidault war Sorbonne-Absolvent, Historiker und Lehrer. 1931 gründete er Katholische Jugendorganisation in Frankreich. 1934 wurde er Chefredakteur der linken katholischen Zeitung „L’Aube“, die redaktionell gegen Faschismus, gegen diktatorische und antisemitische Stimmungen ausgerichtet war. 1938 trat Bidault vehement gegen die Münchner Abkommen auf.

1940 ging er an die Front und geriet in Gefangenschaft – und blieb bis Juli 1941 in einem deutschen Lager. Später gründete er in der Vichy-Zone eine Widerstandsgruppe und veröffentlichte Flugblätter. Von 1943 und bis August 1944 stand er an der Spitze des Nationalen Widerstandsrats.

Nach der Befreiung Paris‘ 1944 wurde Bidault Außenminister in der Provisorischen Regierung Charles de Gaulles. Er war nämlich derjenige, der im selben Jahr den Vertrag über gegenseitige Hilfe mit der Sowjetunion unterzeichnete.

An Bidaults Provisorischer Regierung beteiligten sich Sozialisten, Kommunisten und Vertreter seiner eigenen Volksrepublikanischen Bewegung. Am 29. November 1946 fand aber eine neue Parlamentswahl statt, und Bidaults Kabinett trat zurück, um bald darauf von der Regierung von Léon Blum abgelöst zu werden.

Später war Bidault Außenminister in mehreren Regierungen der Vierten Republik und zeigte sich als aktiver Befürworter des Nato-Beitritts Frankreichs.

1958 trat George Bidault gegen die Unabhängigkeit Algeriens auf und organisierte den Nationalen Widerstandsrat – den politischen Flügel der gegen de Gaulle auftretenden terroristischen Organisation. Bidault war ins Attentat auf de Gaulle im Jahr 1962 involviert und musste nach Brasilien flüchten, wo er bis zu seiner Amnestierung 1968 lebte.

 

Quelle: Dmitri Schmeljow. George Bidault: Intellektueller, Politiker, Diplomat//Schriftenreihe der Staatlichen Universität zu Kasan, Band 152, Buch 3, Teil 1. Kasan, 2010.