Nach einem Referendum, das die Monarchie in Italien abgeschafft hatte, während der König Umberto II. abdanken musste, wurde Alcide de Gasperi am 13. Juni 1946 Premierminister und amtierte bis 1. Juli als Interimspräsident.
Alcide Amedeo Francesco de Gasperi war ein großer italienischer Politiker. Seit dem frühen 20. Jahrhundert beteiligte er sich an der sozial-christlichen, Studenten- und Vereinigungsbewegung. 1919 wurde er zu einem der Mitbegründer der Italienischen Volkspartei und später zum Parteichef und Parlamentarier. Als Befürworter der nationalen Wiederbelebung Italiens unterstützte de Gasperi am Anfang Mussolini, aber schon 1924 kritisierte er seine Politik scharf. Nach einer Spaltung der Volkspartei übernahm er die Führung in deren antifaschistischen Flügel. Als die Faschisten an die Macht kamen, musste er 16 Monate im Gefängnis verbringen.
1943 gründete de Gasperi die Christlich-Demokratische Partei, wurde ihr Generalsekretär. Am 12. Dezember 1944 wurde er zum italienischen Außenminister im Kabinett Ivanoe Bonomis und dann Ferruccio Parris. Am 10. Dezember 1945 übernahm er die Führung in der Koalitionsregierung der drei größten antifaschistischen Parteien des Komitees für nationale Befreiung (der christlichen Demokraten, Kommunisten und Sozialisten). Ihm gehört immer noch die Rekord-Amtszeit: de Gasperi blieb mehr als acht Jahre Ministerpräsident – länger als alle anderen italienischen Politiker in der Nachkriegszeit.
De Gasperis Regierungen führten äußerst wichtige soziale Reformen durch, bestimmten das politische Gesicht des neuen Italiens. Neben Robert Schuman und Konrad Adenauer wurde de Gasperi später einer der Gründungsväter der Europäischen Union.
1953 gelang es ihm wegen eines Misstrauensvotums des Abgeordnetenhauses nicht, ein neues Kabinett zu bilden. Er musste zurücktreten und ließ auch die Parteiarbeit ruhen. 1954 wurde er zum Vorsitzenden des Europäischen Parlaments gewählt, aber wenige Monate später verstarb er. Seinen Namen tragen heute eine Straße in Neapel und eine in seiner Heimatstadt Trento.
Quelle: Valerio Lintner. Geschichte Italiens. M., Eksmo. 2008.