Das Oberste Gericht der USA erklärte am 3. Juni 1946 das Gesetz des Bundesstaates Virginia, laut dem weiße und afroamerikanische Passagiere in Bussen getrennt voneinander sitzen müssen, für verfassungswidrig.

Der Beschluss wurde während der Behandlung einer Klage der Afroamerikanerin Irene Morgan gegen den Bundesstaat Virginia getroffen. Irene Morgan war mit einer Freundin unterwegs von Virginia nach Baltimore. Laut Gesetz in Virginia durften schwarze Passagiere nicht neben bzw. gegenüber weißen Passagieren Platz nehmen. Als im Middlesex County (Virginia) ein weißes Paar in den Bus stieg, sagte der Fahrer den Frauen, sie müssen den Platz für das Paar freimachen. Die Freundin beugte sich, Irene Morgan weigerte sich. Der Busfahrer rief die Polizei, Morgan leistete Widerstand. Sie wurde wegen Widerstand bei der Festnahme und wegen Verstoßes gegen die Transit-Vorschriften in Virginias angeklagt. Am 18. Oktober 1944 gestand sie vor Gericht, der Polizei Widerstand geleistet zu haben, weigerte sich jedoch, die Rassentrennung als legitim anzuerkennen.

Mit Hilfe der Bürgerrechtsorganisation NAACP erreichte Morgan die Behandlung ihres Falls vor dem Obersten Gericht des Bundesstaats und anschließend vor dem Obersten Gericht der USA. Ihre Anwälte waren die bekannten Juristen und Menschenrechtler William H. Hastie und Thurgood Marshall. Ihre Strategie beruhte nicht auf dem 14. Zusatzartikel zur Verfassung der USA, sondern darauf, dass das erniedrigende Jim-Crow-Gesetz über Segregation bei Fernreisen den US-Verfassungsartikel über den Handel zwischen den Bundesstaaten verletzt.

Am 9. April 1947 organisierten vom Erfolg des Falls „Morgan gegen Bundesstaat Virginia“ inspirierte acht weiße und acht schwarze Aktivisten – George Houser, Bayard Rustin und andere  - den „Freedom Ride“ („Reise der Freiheit“) zwischen den Bundesstaaten - in Begleitung von Journalisten, Dozenten, Wissenschaftlern und sogar zwei Ministern aus North Carolina. Vier Teilnehmer wurden dabei festgenommen, der Kriegsveteran Martin Watkins wurde verprügelt. Erst 1965 wurden die Jim-Crow-Gesetze abgeschafft.

Irene Morgan wurde 2000 zur Ehrenbürgerin von Gloucester County erklärt und 2001 mit der Bürgermedaille des Präsidenten persönlich von Bill Clinton ausgezeichnet. 2010 wurde sie in den Ruhmes-Saal der Frauen im Bundesstaat Maryland aufgenommen.  

Quelle: 

Eduard Nitoburg. USA: Farb-Barrieren in Vergangenheit und Gegenwart  // Neue und neueste Geschichte, № 2, 1997