Am 26. März formulierte das außerordentliche Volksgericht der Tschechoslowakei die endgültige Anklage gegen Karl Hermann Frank. Der SS-Führer saß wegen Kriegsverbrechen auf der Anklagebank. Unter seiner Verantwortung waren Massaker in den Dörfern Lidice und Ležáky begangen worden.
Der aus dem Sudetenland stammende Karl Hermann Frank war Anhänger des Anschlusses seiner Heimatregion an Deutschland und wurde allmählich zu einem Nazi-Fanatiker. 1938, nach dem Anschluss der Tschechoslowakei an das Dritte Reich, machte er große Karriere: Nach seinem NSDAP-Beitritt war er Günstling des SS-Reichsführers Heinrich Himmler. 1939 wurde er als SS-Gruppenführer an die SS- und Polizeispitze in Prag gestellt.
Nach dem Attentat auf den Chef des Protektorats von Böhmen und Mähren, Reinhard Heydrich, im Mai 1942 leitete Frank die Bestrafungsaktion: Unter seinem Kommando massakrierten die Nazis alle Einwohner der tschechischen Dörfer Lidice und Ležáky: 1331 Menschen, davon 201 Frauen, wurden ohne Gerichtsurteil getötet.
Im August 1943 wurde Frank zum Staatsminister im Protektorat Böhmen und Mähren ernannt. Seine Machtfülle war nahezu uneingeschränkt. Himmler überließ ihm die Vollmacht, Befehle zur Hinrichtung ohne Gerichtsverhandlung zu erteilen. Am 1. Mai 1945 drohte Frank im Rundfunk den Pragern, er würde jeden Aufstand in einem Blutbad niedermetzeln.
Am 9. Mai 1945 flüchtete Frank aus Prag, um sich den westlichen Alliierten zu stellen. Er rechnete damit, bei den Nürnberger Prozessen angeklagt zu werden, wurde aber den neuen tschechoslowakischen Behörden überlassen. Vor Gericht versuchte er, die Schuld an dem Massaker in Lidice und Ležáky Hitler in die Schuhe zu schieben, doch die Amerikaner stellten dem Gericht Franks geheimes Archiv zur Verfügung, das sie im Dorf Stechovice entdeckt hatten. Unter Hunderten Befehlen, Menschen hinzurichten, festzunehmen oder in Konzentrationslager zu schicken, standen seine Unterschriften.
Am 21. Mai 1946 wurde Frank zur Todesstrafe verurteilt und einen Tag später in im Beisein von 5000 Menschen im Hof des Gefängnisses Pankrác hingerichtet.
Quelle: Rupert Butler. Die Gestapo: Hitlers Geheimpolizei. Moskau, Eksmo, 2006