Am 13. März 1946 beging der Gründer des Deutschen Instituts für Geopolitik sowie Gründer und Chefredakteur der von 1924 bis 1944 erschienenen „Zeitschrift für Geopolitik“, Professor Karl Haushofer, Selbstmord.

In der Wissenschaft hatte er die Konzeption des „Lebensraums“ entwickelt und sich darum bemüht, den Deutschen den Gedanken nahezubringen, die Grenzen Deutschlands im Sinne des Friedensvertrages von Versailles wären ungerecht.

1920 bekam Haushofer einen neuen Studenten: Das war einer der führenden Nazis, Rudolf Heß, der später sein Doktorand und schließlich auch ein enger Freund wurde. Dieser stellte Haushofer die gesamte Führungsriege der Nazi-Bewegung vor. Nach dem Scheitern des Bürgerbräu-Putsches im November 1923 in München (als die NSDAP versuchte, die Macht in Bayern zu erobern) versteckte Haushofer Heß in seinem Haus und überredete ihn, sich der Polizei zu stellen. Am Ende gab Heß nach und wurde 1924 verhaftet. Sein treuer Professor besuchte ihn und Hitler und unterrichtete sie in Geopolitik.

Unter den Nazis stand Haushofer eine Weile an der Spitze der Deutschen Akademie, des Rates ethnischer Deutscher und des Volksbundes der Deutschen im Ausland. Weil er sich den Bedürfnissen der Außenpolitik des Dritten Reiches anpassen musste, korrigierte er häufiger seine wissenschaftlichen Behauptungen. Allerdings war er ziemlich kritisch gegenüber der nationalsozialistischen Lehre und Hitler persönlich, den er für einen wenig klugen Philister hielt. Zudem war Haushofer kein NSDAP-Mitglied. Die enge Verbindung mit den Machthabern sicherte vor allem seine Freundschaft mit Heß.

Als Heß im Mai 1941 nach Großbritannien geflogen war, wurde Haushofer ständig von der Gestapo beobachtet. Am 23. April 1945 wurde sein Sohn, der Dichter und Antifaschist Albrecht Haushofer, in einem Berliner Gefängnis getötet. Haushofer selbst musste damals etwa einen Monat im KZ Dachau verbringen.

Karl Haushofer wurde nicht beschuldigt, Kriegsverbrechen bzw. Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Allerdings war allgemein bekannt, dass er mit den Nazis eng kooperiert hatte.

Er wurde mehrmals im Laufe der Vorbereitung der Nürnberger Prozesse verhört. Am 9. Oktober 1945 hatte er im Nürnberger Gefängnis zum ersten Mal seit fünf Jahren Heß gesehen – und dieser hatte ihn „nicht erkannt“ (zu dieser Zeit täuschte Heß Amnesie vor – oder litt tatsächlich an Gedächtnisverlusten).

Nach mehreren Festnahmen und der Plünderung seines Guts durch französische Soldaten litt Haushofer unter schweren Depressionen und war nicht mehr imstande, seine Lebenskrise zu überwinden. Am 13. März 1946 nahmen er und seine Frau Marta sich das Leben: Er schluckte Gift, und sie erhängte sich an einem Baum.

Quelle:

Bernhard Hutton. „Die geheime Mission Rudolf Heß‘. Geheime Spiele der Weltmächte“. 1941-1945. Zentrpoligraf, 2011.