Am 6. März 1946 unterzeichneten der Regierungsvorsitzende der Demokratischen Republik Vietnam, Ho Chi Minh, der Sonderdelegierte Vu Hong Khanh (Nationalist und Antikommunist, Führer der Nationalen Partei Vietnams) und der Beauftragte des Hochkommissars Frankreichs, Jean Roger Sainteny, ein vorläufiges Abkommen über Waffenruhe und Organisation einer friedlichen Konferenz.
Dieses Abkommen, bekannt auch als „Konvention Ho-Sainteny“, sollte die Beziehungen zwischen Frankreich und Vietnam nach der nationalen Befreiungsorganisation regeln, die am 2. September 1945 zum Ausruf der Demokratischen Republik Vietnam geführt hatte. In Artikel 1 der Konvention stand geschrieben: „Die Regierung Frankreichs erkennt die Republik Vietnam als einen freien Staat an, der Mitglied Französisch-Indochinas und der Französischen Union ist.“ De facto akzeptierte Frankreich Vietnam lediglich als „freien Staat“ („état libre“) innerhalb der Französischen Union – des aus rechtlicher Sicht unklaren französischen Konstruktes zur Verwaltung der Kolonien.
Die Konvention sah ein Referendum in Südvietnam über den Beitritt zur Demokratischen Republik vor. Ho Chi Minh stimmte der provisorischen Stationierung französischer Truppen zu, deren Zahl im Sinne eines Zusatzabkommens 15.000 Soldaten betragen durfte. Künftig sollten die Seiten die restlichen Streitfragen regeln und einen endgültigen Friedensvertrag unterzeichnen.
Schon im Dezember 1946 entfesselte Frankreich aber den Indochina-Krieg, in dem es jedoch am Ende eine schwere Niederlage erlitt, und Vietnam blieb für viele Jahre in zwei unabhängige Staaten gespalten: die Demokratische Republik Vietnam (mit der Hauptstadt Hanoi) und die Republik Vietnam (mit der Hauptstadt Saigon).
In diesem Krieg genoss die Demokratische Republik Vietnam die Unterstützung der Sowjetunion, wobei die USA und China auf der Seite Frankreichs auftraten. Die Kolonialkonflikte wurden in der Nachkriegswelt zu Schauplätzen für die Konfrontation zwischen dem Westen und der Sowjetunion.
Quelle:
Demokratische Republik Vietnam. Verfassung, Legislativakten, Dokumente, übersetzt aus dem Vietnamesischen, Französischen und Englischen. Moskau 1955, S. 57-64. Literatur: A. A. Lawrischtschew, Die Indochina-Frage nach dem Zweiten Weltkrieg, Moskau 1960.