Am 5. März 1946 wurde von den deutschen Selbstverwaltungsorganen das Gesetz Nr.104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus verabschiedet. Das Gesetz wurde von den Justizministerien der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen konzipiert.
Das Gesetz Nr. 104 kam in Form einer 88 Seiten starken Broschüre heraus. Es wurde einer der rechtsprechendeт Umsetzungen des auf der Potsdamer Konferenz 1945 angenommenen „Fünf-D-Prinzips“ – Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung, Dezentralisierung und Dekartellisierung.
In dem Gesetz wurden fünf Kategorien der Beteiligung am Nationalsozialismus festgeschrieben – Hauptschuldige, Belastete (Aktivisten), Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete. Jede Kategorie sah bestimmte Strafen vor – von der Haftstrafe bis zur Geldstrafe bzw. Zwangsarbeit bis zu 30 Tagen.
Einige Juristen betonten, dass das Gesetz Nr.104 die Schuldvermutung für fast jeden Deutschen enthielt. Das Gesetz verpflichtete jeden Deutschen ab 18 Jahren, einen speziellen Fragebogen mit 133 Fragen zur Feststellung von dessen Schuld und Beteiligung am Nazismus auszufüllen. In der US-Besatzungszone füllten 13 Millionen Menschen solche Fragebogen aus.
Von diesen 13 Millionen wurden 613.000 Menschen in gewissem Maße für schuldig erklärt. Die Kategorie Hauptschuldige umfasste 1600 Personen. Personen, die entnazifiziert werden sollten, mussten mit den Zeugenangaben „die Tadellosigkeit des politischen Verhaltens des Angeklagten und seine Lebensweise als wahren Christen“ beweisen. Diese Zeugnisse werden im Volksmund als „Persilschein“ bezeichnet – nach dem Waschmittel Persil. Das Wort wurde zum Begriff.
Viele Vertreter der deutschen Eliten konnten der Entnazifizierung entkommen, trotz der begangenen Taten. Doch die schlimmsten Verbrecher wurden verurteilt und bestraft.
Das Gesetz wurde letzten Endes als nicht ausreichend effektiv eingestuft. Am 12. Oktober 1946 ließ der Kontrollrat die Direktive Nr. 38 über Verhaftung und Bestrafung von Kriegsverbrechern, Nationalsozialisten und Militaristen und die Internierung, Kontrolle und Überwachung von möglicherweise gefährlichen Deutschen verabschieden.
Quelle:
Jewgenija Lesina, „Entnazifizierung von Westdeutschland. 70 Jahre seit dem Abschluss des Programms“. Informationsblatt der öffentlichen Meinung, Nr.3-4 (127)2018