Hermine Braunsteiner
"Die Stute aus Majdanek"
Aufseherin in KZ-Lagern Ravensbrück und Majdanek
Geboren 1909, starb in Freiheit im Alter von 90 Jahren
Die große blauäugige Blondine wurde in Wien in einer katholischen Familie eines Chauffeurs und einer Wäscherin geboren. Sie wollte Krankenschwester werden, arbeitete aber als Haushaltsgehilfin.
Mit dem Anschluss Österreichs wurde sie Staatsbürgerin des Dritten Reichs. Hermine zog nach Berlin, wo sie in den Heinkel-Werken arbeitete. Doch kurze Zeit später beschloss sie, Gefängnisaufseherin zu werden – ihr Lohn war viermal höher als in der Fabrik.
Seit Oktober 1942 arbeitete sie in Majdanek. Dort stellte sie ihren Sadismus zur Schau. Sie trennte Mütter von ihren Kindern vor der Entsendung in die Gaskammer und prügelte einige Frauen zu Tode. Sie trat Häftlinge mit ihren eisenbeschlagenen Stiefeln und wurde „Stute aus Majdanek“ genannt. Insassen zufolge war sie eine der brutalsten Aufseherinnen, aber sie wurde von der Leitung mit dem Kriegsverdienstorden der zweiten Klasse ausgezeichnet.
Im Januar 1944 wurde mit der Evakuierung Majdaneks begonnen, Braunsteiner wurde nach Ravensbrück versetzt. Dort prügelte sie Insassen mit einer Peitsche, die sie immer mit dabei hatte.
Vor der Ankunft der sowjetischen Truppen floh Braunsteiner aus dem Lager und begab sich nach Wien. Ein Gericht in Graz verurteilte sie zu drei Jahren Haft wegen Verbrechen in Ravensbrück (über ihre „Verdienste“ in Majdanek wusste man noch nichts).
Nach der Freilassung arbeitete sie in Hotels und Restaurants und lernte später den US-Amerikaner Russell Ryan kennen. Nach der Heirat zog sie 1959 in die Vereinigten Staaten. In New York galt sie als gute Hausfrau und höfliche Frau.
1964 suchte der junge „New York Times“-Journalist Joseph Leliveld die Ryans in ihrem Zuhause auf, nachdem er Informationen von Nazi-Jäger Simon Wiesenthal bekommen hatte. Mrs. Ryan öffnete die Tür und sagte: „Mein Gott, ich wusste, dass es passieren wird. Sie sind da.“
Hermine behauptete, sie habe in Majdanek nur ein Jahr gearbeitet, acht Monate davon war sie im Krankenhaus. „Meine Ehefrau tut keiner Fliege etwas zuleide“, sagte Mr. Ryan. „Auf dieser Erde gibt es keinen anständigeren Menschen. Sie sagte mit, das war ihre Pflicht, die sie erfüllen musste“, sagte er.
Nach einem langen Prozess wurde sie 1973 von den US-Behörden in die BRD ausgeliefert. Es begann der dritte Prozess gegen die Aufseherin von Majdanek – neben Braunsteiner wurden weitere 15 Männer und Frauen angeklagt. Der Prozess dauerte von 1975 bis 1981 und wurde zum längsten und teuersten Prozess in der deutschen Geschichte.
Ein Zeuge sagte aus, dass Hermine Kinder an den Haaren zog und sie in die Gaskammer warf. Ein anderer Zeuge berichtete von stahlbeschichteten Stiefeln, mit denen sie Insassen trat. Im Ergebnis wurde sie für den Mord an 80 Menschen, für Beteiligung am Mord an 102 Kindern und für Mittäterschaft bei der Ermordung von 1000 Menschen für schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt.
Im Gefängnis litt Braunsteiner an Diabetes, ihr wurde ein Bein amputiert, 1996 wurde sie freigelassen und starb 1999 in Bochum.