Das KZ Dachau wurde von den US-Truppen am 29. April 1945 befreit. Als die Soldaten den Zustand der Häftlinge sahen, brachten sie sofort mehr als 100 Wächter um. Am 30. Oktober veröffentlichte der Generalstab der US-Streitkräfte den Befehl zur Organisation eines Tribunals gegen das Personal des KZ Dachau. Am 13. Dezember wurden die Todesurteile gefällt.
Das Lager in Dachau, etwa 20 Kilometer von München entfernt, war das erste Konzentrationslager der Nazis. Am 13. März 1933 veröffentlichte der bayerische Polizeikommissar Heinrich Himmler den Erlass über den Aufbau des Lagers in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Fabrik. Schon am 22. März wurden die ersten 150 Häftlinge nach Dachau gebracht. Es handelte sich dabei vor allem um politische Opponenten der Nazis.
Dachau wurde zum einzigen langfristig und ständig betriebenen Lager auf deutschem Territorium. Die Nazi-Propaganda stellte es als einen musterhaften „Umerziehungsort“ dar. Bis 1937 wurde die Infrastruktur des Lagers vollständig entwickelt, die bis jetzt erhalten geblieben ist. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden nach Dachau nicht nur deutsche politische Häftlinge, sondern auch Kriegsgefangene aus anderen Ländern gebracht. Einer von ihnen war Nikolai Rudenko, der Bruder des sowjetischen Chefanklägers bei den Nürnberger Prozessen, Roman Rudenko. Er hatte Glück und erlebte noch den Tag der Befreiung.
Von den insgesamt 200.000 Dachau-Häftlingen wurden nach offiziellen Angaben etwa 41.500 auf dem Lagergelände getötet. Dabei wurden jene Häftlinge nicht mit berücksichtigt, die aus Dachau in „richtige“ Vernichtungslager gebracht wurden.
Nach der Befreiung wurde das Lager in ein Gefängnis für frühere Wächter und Folterer verwandelt. Dort wurden deutsche Kriegsgefangene und entdeckte SS-Soldaten festgehalten.
Auskunft
Am 15. November 1945 um 10.00 Uhr wurde auf dem Gelände des Lagers Dachau der Prozess gegen 40 Lagermitarbeiter eröffnet, und das war der Beginn der sogenannten „Lagerprozesse“. Insgesamt führten die Alliierten und die neue deutsche Regierung 121 „Lagerprozesse“ gegen das Personal von Konzentrationslagern und gegen Nazi-Handlanger unter den Häftlingen durch.
Die Angeklagten bekamen bestimmte Nummern, die sie während der gesamten Gerichtsverhandlung hatten. Vor Gericht wurden der frühere Kommandant Martin Weiß, Leiter von mehreren Verwaltungen, Ärzte, drei Häftlinge, die Mithelfer der Nazis gewesen waren, sowie mehrere Wächter gestellt. Die Anklage gegen sie lautete: Kriegsverbrechen gegen Kriegsgefangene aus den Alliierten-Truppen und gegen Zivilisten. Mehrere Angeklagte wurden der Folterung und Tötung von Häftlingen, der Teilnahme an Hinrichtungen sowie an medizinischen Experimenten direkt überführt.
Am 13. Dezember 1946 fällte das Tribunal das Urteil: 36 Angeklagte wurden zum Tod durch Erhängen verurteilt, der Kanzleileiter zu lebenslanger Haft und drei Wächter zu zehn Jahren Haft und Zwangsarbeit. Am 28. und 29. Mai 1946 wurde das Todesurteil im Landsberger Gefängnis vollstreckt. Die anderen acht Todgeweihten bekamen stattdessen doch diverse Haftstrafen.
Einer der Todeskandidaten war der frühere Lagerhausmeister Friedrich Wetzel (die Nummer 40 während des Prozesses). Später wurde sein Urteil durch zehn Jahre Haft ersetzt. Sein Schicksal nach der Freilassung aus dem Gefängnis ist unbekannt geblieben.
Jekaterina Tschernezkaja