„Wenn jemand aus den Sudetendeutschen hingerichtet wird, wird in Deutschland die gleiche Anzahl von Tschechen erschossen“

Am 3. Dezember 1945 hatte die Staatsanwaltschaft dem Tribunal ein Paket offizieller Dokumente des Reichstags vorgelegt, die belegten, dass der Aufstand im Sudetengebiet der Tschechoslowakei unmittelbar von Berlin aus organisiert worden war.

Im September 1938 hatten sudetendeutsche Kämpfer der Nazis Polizeistationen und Zoll angegriffen sowie Staatsbedienstete getötet. Die tschechoslowakischen Behörden hatten die Unruhen hart niedergeschlagen, viele Täter waren festgenommen worden.

Trotzdem war wegen der britisch-französischen „Appeasement-Politik“ (Beschwichtigungspolitik) am 30. September in München ein Abkommen („das Münchner Abkommen“) unterzeichnet worden, dem zufolge das Sudetenland an Deutschland abgetreten werden musste.

Die letzten Zweifel, dass das Reich an dem Pseudo-Volksaufstand beteiligt war, zerstreuten geheime Telegramme aus dem deutschen Außenministerium an die Botschaft in Prag. Die Berliner Behörden nahmen die Bürger der Tschechoslowakei mit tschechischer Nationalität als Geiseln und forderten wiederum von Prag die Freilassung der tschechoslowakischen Bürger mit deutscher Nationalität.

Der 16. September 1938

„Heute Nacht wurden in Deutschland 150 Staatsangehörige der Tschechoslowakei mit tschechischer Nationalität festgenommen. Diese Maßnahme ist eine Antwort auf die Verhaftung der Sudetendeutschen nach der Rede des Führers am 12. September. Ich bitte Sie, die Zahl der Sudetendeutschen, die nach dem 12. September festgenommen wurden, möglichst schnell zu präzisieren“.

Der 17. September 1938

„Sehr dringend. 1. Ich bitte, die lokale Regierung unverzüglich über Folgendes zu informieren:

Die Reichsregierung hat folgende Entscheidung getroffen:

a) In Deutschland werden unverzüglich so viele tschechische Staatsangehörige tschechischer Herkunft, einschließlich tschechisch-sprachiger Juden, verhaftet, wie Sudetendeutsche seit Anfang dieser Woche in der Tschechoslowakei festgenommen wurden;

b) Wenn einer der Sudetendeutschen aufgrund eines Todesurteils, das gemäß dem Standrecht erlassen wurde, hingerichtet wird, wird in Deutschland dieselbe Zahl von Tschechen erschossen.“

Der 24. September 1938

„Laut den hier erhaltenen Informationen haben die Tschechen zwei Angestellte des Grenzschutzes, sieben Zollbeamte und 30 Eisenbahnbeamte verhaftet. Als Gegenmaßnahme wurde in Marchegg das gesamte tschechische Personal festgenommen. Wir sind bereit, die verhafteten tschechischen Beamten gegen deutsche Beamte auszutauschen. Bitte kontaktieren Sie die lokale Regierung und übermitteln Sie die Ergebnisse“.

Am selben Tag:

 „Vertraulich. Natürlich kann von der Auslieferung der tschechischen Geiseln, die hier verhaftet wurden, um die Vollstreckung der Todesurteile, die Militärtribunale gegenüber den Sudetendeutschen verhängen könnten, zu verhindern, keine Rede sein“.

Quelle:

S. A. Miroschnitschenko. Das Stenogramm des Nürnberger Prozesses. Band II 

ns/ae