Medizinische Experimente an Kindern waren eine der schrecklichsten und grausamsten Seiten des Nazismus. Tausenden Kindern wurde Blut abgenommen, sie wurden mit tödlichen Krankheiten infiziert, verstümmelnden Operationen unterworfen. Der Lagerarzt im KZ Auschwitz-Birkenau, Josef Mengele, war berüchtigt für seine barbarischen Experimente an Gefangenen, darunter Kinder. Die KZ-Gefangenen nannten ihn den „Todesengel“.

Ehemalige Auschwitz-Insassin Alexandra Borissowa im Interview für Deutsche Welle (DW):

„Dann wurde ich in eine andere Baracke gebracht. In einem Teil waren nur jüdische Kinder-Zwillinge, in einem anderen – wir, Kinder weißrussischer Partisanen… Mal zu den jüdischen Kindern, mal zu uns kamen Leute in weißen Kitteln. Wir wurden in einen kleinen Raum in einer Baracke gebracht. Dort standen ein Sofa und Sessel, lagen glänzende Instrumente, manchmal gab es bläuliches Licht. Es war unglaublich schrecklich. Ich wurde auf dieses Sofa gelegt – mal auf dem Rücken, mal auf dem Bauch, mal wurde ich in Hockstellung gebracht, es wurden Spritzen gegeben, dann an die Wand gesetzt, etwas in den Mund gesteckt, damit ich ihn nicht schließen konnte, dann wurde dorthin tief hinein gegriffen. Für mich war es eine furchtbare Prozedur.

Als ich freigelassen wurde, war ich halbblind, voller Krusten auf der Haut, wie ausgemustertes Material von Doktor Mengele. Nach dem Krieg hatte ich große Angst vor medizinischen Manipulationen. Ich lebte in einem Dorf, da machte der Arzt mir sogar keine Impfungen gegen Infektionserkrankungen – so sehr hatte ich Angst davor. Er wusste, dass ich im Lager war“.

Aussagen der ehemaligen Insassin des KZ Salaspils Natalja Lemeschonok für sowjetische Ermittlungsorgane:

„Ich sah nicht, was sie vorne taten, doch ein Mädchen begann plötzlich zu weinen und zu schreien, der Doktor stampfte mit den Füßen. Als ich näher zu ihnen kam, sah ich, dass in dem Arm, rund um den Ellbogen von Mädchen und Jungen eine lange Nadel steckt, durch ein Röhrchen floss But in Probierglas… Als ich das sah, begann ich auch zu weinen und zu schreien. Es war sehr furchtbar. Als ich an der Reihe war, riss der Doktor  meine Schwester Anja zu sich und legte sie auf den Tisch. Er steckte die Nadel in meinen Arm und als das Probierglas voll war, ließ er von mir ab, und begann, Blut bei meiner Schwester Anja zu nehmen. Ich schrie und weinte. Der Deutsche blickte auf uns und sagte etwas. Wir verstanden es nicht, und der Soldat, der in der Nähe stand, lachte und sagte auf Russisch: der Herr Doktor sagt, dass ihr nicht heulen braucht, das Mädchen wird sowieso sterben, und so bringt es noch Nutzen. Zwei Tage später wurden wir erneut zum Arzt gebracht, um Blut abgenommen zu bekommen. Ich erinnere mich daran, dass wir viermal pro Woche zum Arzt gebracht wurden, es wurde Blut abgenommen. Kurze Zeit später starb Anja in der Baracke. Bei uns waren die Arme voller Stiche. Wir fühlten uns schlecht, uns war schwindlig, jeden Tag starben Jungs und Mädchen“.

 

Wir bedanken uns bei dem Militärmedizinischen Museum von St. Petersburg für Hilfe bei der Erstellung dieses Beitrags.

 

Quellen:

Tatjana Postonogowa. „Kann aus dem absoluten Übel etwas Gutes entstehen?“

Jekaterina Astafjewa. „Experimente in Konzentrationslagern“

„Lettland während der Nazi-Herrschaft“. Sammlung von Archivdokumenten.