Unter den Dokumenten, die Hermann Göring während des Verhörs im März vorgelegt wurden, gab es die so genannte „Grüne Mappe“ – geheime Richtlinien über die effiziente Zerstörung der besetzten sowjetischen Gebiete zugunsten der deutschen Armee und Wirtschaft.

Die „Gründe Mappe“ bzw. Oldenburg-Plan ist der Codename des wirtschaftlichen Teils des Unternehmens Barbarossa. Mit der Konzipierung dieses Plans wurde Göring von Hitler beauftragt. Er meisterte glänzend diese Aufgabe. Laut dem Plan sollte die Sowjetunion in vier Verwaltungszonen aufgeteilt werden. Die wirtschaftlichen Führungsstäbe dieser Gebiete sollten in Moskau, Leningrad, Kiew und Baku stationiert werden. Zur Umsetzung dieses Vorhabens wurde der Oldenburg-Stab eingerichtet, der ebenfalls von Göring geleitet wurde.

Der offizielle Titel dieses Papiers aus der „Grünen Mappe“ lautete: „Richtlinie für die Führung der Wirtschaft in den neu besetzten Ostgebieten“. Sie wurde spätestens am 16. Juni 1941 erstellt. Alle Richtlinien aus der „Grünen Mappe“ waren an das Militärkommando und wirtschaftlichen Institutionen gerichtet und hatten Kriegsbefehl-Status. Sie waren vor allem für die Zeit der Kriegshandlungen bestimmt, gaben aber auch die wichtigsten Handlungsrichtungen während der weiteren Besatzung vor.

Richtlinie für die Führung der Wirtschaft in den neu besetzten Ostgebieten:

„I. Nach den vom Führer gegebenen Befehlen sind alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um die sofortige und höchstmögliche Ausnutzung der besetzten Gebiete zugunsten Deutschlands herbeizuführen. Dagegen sind alle Maßnahmen zu unterlassen oder zurückzustellen, die dieses Ziel gefährden könnten.

(…)

II. Völlig abwegig wäre die Auffassung, dass es darauf ankomme, in den besetzten Gebieten einheitlich die Linie zu verfolgen, dass sie baldigst wieder in Ordnung gebracht und  tunlichst wieder aufgebaut werden müssten. Die Behandlung der einzelnen Landstriche wird im Gegenteil durchaus verschiedenartig sein müssen. Nur diejenigen Gebiete werden wirtschaftlich gefördert und vordringlich  in Ordnung gehalten werden müssen,  in denen bedeutende Ernährungs- und Mineralölreserven für uns erschlossen werden können. Zu anderen Landesteilen, die sich nicht selbst ernähren können – also in großen Teilen Nord- und Mittelrusslands – muss sich die Wirtschaftsführung auf die Ausnutzung der vorgefundenen Vorräte beschränken.

(…)

III. a) (…) 1. Die erste Aufgabe ist es, sobald wie möglich zu erreichen, dass die deutschen Truppen restlos aus den besetzten Gebieten verpflegt werden, um so die Verpflegungslage Europas zu erleichtern und die Verkehrswege zu entlasten. Der Gesamtbedarf der Wehrmacht an Hafer  ist aus dem mittleren Russland, dem Hauptanbaugebiet für Hafer zu decken, soweit es nicht aus anderen besetzten Gebieten beschafft werden kann.

(…).

IV. Um den im deutschen Interesse liegenden Wirtschaftserfolg sicherzustellen, sind die leitenden Männer in den Wirtschaftskommissariaten, in der Hauptverwaltung und in anderen Wirtschaftsbehörden sowie die in landwirtschaftlichen und industriellen Betrieben eingesetzten Leiter (nicht also die Funktionäre mit rein politischen Aufgaben) weitestgehend zur Mitarbeit heranzuziehen. Ihr weiteres Schicksal wird später bestimmt. Das Entscheidende ist zunächst allein die Leitung und das Funktionieren des im deutschen Interesse laufenden Wirtschaftsapparates unter möglichst sparsamem Einsatz deutscher Kräfte.“

 

Quelle:

Föderales Archivprojekt „Verbrechen der Nazis und ihrer Helfershelfer gegen die friedliche Bevölkerung der Sowjetunion in den Jahren des Großen Vaterländischen Kriegs 1941-1945“